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«Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus!» (Mk 6,31)

Petra Maria Hothum SND, Juli 2021

Im Ashram sind wir froh und dankbar, dass Menschen hier einen Ort haben, an dem sie dieser Einladung Jesu folgen können. Solche Orte und Auszeiten sind wichtig, um sich von innen her erholen und neu ausrichten zu können. Aber wie im Evangelium, in dem wir hören, dass viele Menschen Jesus und den Jüngern an den „einsamen Ort“ folgen bzw. schon vor ihnen dort ankommen, können wir Ähnliches auch in uns erleben, wenn wir in die Stille, in die Meditation gehen. Wir atmen vielleicht kurz auf, merken jedoch schon bald, dass es an dem „einsamen Ort“ nicht so einsam ist, wie erwartet:

wir erwarten Ruhe und Frieden – und werden empfangen von unserer Unruhe und Rastlosigkeit …
wir sehnen uns nach Stille – und finden ein Heer von Gedanken in uns vor …
wir hoffen auf neue Energie – und erleben uns müde, matt, lustlos …
wir wollen einfach nur dasein – und können es doch kaum mit uns aushalten …
wir wünschen uns Erleuchtung – und sind Dunklem, Undurchsichtigem ausgesetzt …

Wie umgehen mit all dem, was wir in uns vorfinden? Spontan werden wir vermutlich versuchen, das Erwartete und Erhoffte doch irgendwie zu erlangen und das nicht Gewünschte oder Lästige loszuwerden, und entsprechend strengen wir uns an. Jesus zeigt uns im Evangelium einen anderen Weg: „Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange“ (Mk 6,34). Er ist offen für das, was sich ihm zeigt, weist die, die seine ursprünglichen Absichten stören, nicht ab, sondern wendet sich ihnen zu, schenkt ihnen Aufmerksamkeit. Er nimmt sie wahr, bemerkt, was mit ihnen ist, hat Mitleid und kümmert sich lange um sie. Wenn wir das Beispiel seiner Zugewandtheit auf unser Inneres übertragen, dann kann uns Jesu offenes Gewahrsein einladen, dasein zu lassen, was ist, ganz gleich, ob wir es gewünscht und erhofft haben oder ob es unsere Vorstellungen durchkreuzt. Seine Haltung kann uns ermutigen, unsere jeweilige Wirklichkeit offen, geduldig und liebevoll anzuschauen und so lange dabei zu verweilen, wie sie der Aufmerksamkeit bedarf. Dann kann der einsame Ort zu einem heilsamen Ort der Begegnung mit dem Menschen werden, der wir in Wahrheit sind, zu einem Ort, der uns aufleben lässt.