Menü Schließen

Den entscheidenden Schritt wagen

Bertram Dickerhof SJ, Juni 2016

Auf dem Katholikentag wurden natürlich auch viele spirituelle Methoden vorgestellt. Aber die sind nicht das Entscheidende. Worum es auf dem Weg wirklich geht, ruft folgender Text von Louis Lallement SJ (1578 – 1635) in Erinnerung: „Über dem Feilschen, ob wir uns Gott restlos schenken wollen, lassen wir Jahre verstreichen, ja oft ein ganzes Leben. Wir können uns nicht entschließen, das volle Opfer zu bringen, behalten uns eine Menge Bindungen, Pläne, Wünsche, Hoffnungen und Ansprüche vor und wollen uns ihrer nicht entäußern, um so in die völlige Nacktheit des Geistes einzutreten, die uns fähig macht, von Gott restlos in Besitz genommen zu werden. … Unter dem Druck der Eigenliebe, verblendet von Unwissenheit und durch falsche Befürchtungen gehemmt, wagen wir den entscheidenden Schritt nicht.“

Den entscheidenden Schritt wagen! Denjenigen existentiellen Schritt, zu dem Gott mich ruft. Doch dazu muss ich es wagen, seinen Ruf an mich heranzulassen, mich frei machen vom Lärm und Getriebe des Alltags. … Den entscheidenden Schritt wagen, in dem ich loslasse und mich entblöße, um mit Gott im selben Haus zu wohnen.

Menschen, die diesen entscheidenden Schritt gewagt haben kennen auch den Kampf, der dabei zu kämpfen, die Angst, die zu überwinden ist: Moses, der gegen Ende seines Dialogs mit dem „Ich-bin” am brennenden Dornbusch aus Angst zurückschreckt vor seiner Aufgabe, – was Gott nicht gelten lässt: der Weg aus der Angst verläuft durch die Angst hindurch.
Von Jeremia, dessen Leiden die Bibel schildert, ist uns die Klage überliefert (Jer 20): „Du hast mich betört, o Herr, und ich ließ mich betören…  . Zum Gespött bin ich geworden den ganzen Tag, ein jeder verhöhnt mich. … Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen sprechen!, so war es mir, als brenne in meinem Herzen ein Feuer, eingeschlossen in meinem Innern. Ich quälte mich es auszuhalten und konnte nicht.” Und von Jona wissen wir, wie er versucht, dem Ruf Gottes davonzulaufen, den Preis ahnend, den diese Berufung auch ihn kosten wird.

„Den Schritt tun“, der jetzt für mich dran ist, – das ist es, worauf schließlich alles ankommt. Das ist es auch, was einer zukünftigen Kirche zur Geburt verhelfen wird. Diese lässt sich nicht am grünen Tisch entwerfen, sie entsteht durch Menschen, die, hörend auf Gott, die entscheidenden Schritte in ihrem Leben tun und eindeutig werden.