Menü Schließen

Gebet

Bertram Dickerhof SJ, Mai 2015

Immer mal wieder stolpern unsere Gäste darüber, dass wir zwar ein Tischgebet haben, in den Schriftbetrachtungen über Gott oder Jesus sprechen, dass Gott, Christus,… jedoch in der Meditation selbst nicht explizit vorkommen, nicht angesprochen werden. Wenn das befremdet, ist es gut, vor allem, wenn das Befremden zum Gegenstand der Meditation wird und Fragen an sich selbst veranlasst: was einem dabei fehlt, welche eigene Erwartung enttäuscht wird, was das überhaupt für eine Person ist, an die man sich wendet, wenn man sich an Gott wendet. Das Bild von Gott, mit dem man es dabei zu tun hat, hat projektive Anteile. Oft soll mein Gott sich verhalten entsprechend der eigenen Vorstellungen von idealen Eltern. Das Problem besteht nicht nur darin, dass der wahre, transzendente Gott solche Erwartungen an sein Bild in seiner Über-Güte immer wieder enttäuschen muss, sondern auch in der reziproken Rollenzuschreibung an mich selbst: meinem Gottesbild – dem idealen Elternteil – steht umgekehrt auch ein illusionäres Selbstbild – z.B. des idealen Kindes – gegenüber, das sich Ansprüchen ausgesetzt sieht und vor ihnen versagt, die nicht vom wahren Gott kommen, und außerdem in einer Infantilität gefangen ist, die der wahre Gott nicht will.

Der Schmerz über das Verlieren des eigenen Gottesbildes, das sich auf dem Weg der Meditation zu ereignen beginnt, weicht bald einem Gefühl der Befreiung und Dankbarkeit. In der Tat mahnt die Schrift: „Du sollst dir kein Gottesbild machen.” (Dtn 4, 23)

Positiv reift das Gebet vom Sprechen mit Gott über ein Schweigen zum Hören auf Gott, dessen Wille auf dem Feld der eigenen inneren Bewegungen erkannt wird, indem diese zugelassen, angenommen und unterschieden werden. Da es gilt, auch mit denjenigen auszuhalten, die unerwünscht, störend, „kreuzigend” sind, wird dabei das eigene Herz gereinigt. Es sind „die Menschen reinen Herzens, die Gott schauen…” . Da diese Herzensreinigung als das Wesentliche sich von selbst ereignet, – der eigene Teil ist das Zustimmen zu diesem Prozess, das Aushalten, – kann das Gebet immer passiver werden. Mehr und mehr wird es zu einem Loslassen, Geschehenlassen, Sich Übergeben. Der Beter im Ashram sitzt vor Gott und entsagt mehr und mehr den eigenen Erwartungen und der Suche nach Befriedigung im Gebet, z.B. auch der, vor Gott sein Herz auszuschütten. Wozu auch? Was könnte er Gott sagen, was dieser nicht weiß? Der Beter im Ashram lässt alle eigene Aktivität, damit, was geschieht, nicht von ihm stamme. Was sich einstellt, ist Nichts, eine unsagbare, nüchterne und einfache Erfüllung.